Strassentafel fürs Museum



Botschaftsrat Solomon Tshivhula erhält von Stadträtin Elisabeth Beéry eine der Tafeln der ehemaligen Krügerstrasse. Hans Fässler und Pia Hollenstein sprachen am Montagabend als prominente Vertreter der Anti-Apartheid-Bewegung beim Festakt zur Strassenumbenennung. Bild: Reto Martin

ST.GALLEN. Die Krügerstrasse heisst jetzt offiziell Dürrenmattstrasse. Für alle Opfer der Apartheid in seinem Land sei die Umbenennung ein historischer Akt, stellte gestern abend ein Vertreter der südafrikanischen Botschaft an einem Festakt in St. Gallen fest.

RETO VONESCHEN

Die Umbenennung der Krügerstrasse ist vollzogen. Am Sonntag hatten die Quartiervereine Lachen und St. Otmar Friedrich Dürrenmatt mit einer Matinee willkommen geheissen (Ausgabe von gestern). Gestern abend folgte nun der offizielle Festakt zur Strassenumbenennung auf dem Dach des Rathauses.

Ein historischer Akt
Das Quartier hat den neuen Strassennamen zwar akzeptiert, Vorbehalte über das Vorgehen der Stadt waren am Sonntag im Gespräch da und dort aber immer noch spürbar.

Gestern auf dem Rathaus stand die historische und internationale Bedeutung der Umbenennung im Vordergrund. Beim Festakt anwesend waren ehemalige Aktivistinnen und Aktivisten der Anti-Apartheid-Bewegung St. Gallen, Vertreter des Quartiervereins Lachen, vier von fünf Mitgliedern der Stadtregierung sowie Angehörige der Stadtverwaltung. Die südafrikanische Botschaft in Bern wurde durch Botschaftsrat Solomon Tshivhula vertreten. Ungewöhnlich präsent waren am Festakt auch nationale Medien.

Neue Namen auch in Südafrika
Botschaftsrat Tshivhula betonte die Bedeutung der Umbenennung der St. Galler Krügerstrasse für sein Land wie auch die vielen Opfer der Apartheid. In Südafrika sei man daran, Namen zu ersetzen, die an die Apartheid erinnerten. Davon ausgenommen seien einige Landmarken, auf die man sich geeinigt habe. Dazu zähle der Krüger-Nationalpark.

Der Stadtsanktgaller Entscheid, einem Vorreiter der Apartheid den Strassennamen zu nehmen, passe in den Prozess in seinem Land. Damit werde Geschichte geschrieben, sagte Tshivhula. Man nehme den Akt in Südafrika mit Freude zur Kenntnis.

Speziell dankte der Botschaftsrat den «Veteraninnen und Veteranen der Anti-Apartheid-Bewegung». Ihr Engagement sei ein Beitrag für positive Veränderungen in Südafrika gewesen. Man werde diese Unterstützung in seinem Land nicht vergessen.

Einen Rassisten «ent-ehrt»
Auch für Hans Fässler, Historiker und ehemaliges Mitglied der Anti-Apartheid-Bewegung, ist die erstmals vor 23 Jahren geforderte Umbenennung der Krügerstrasse ein Grund zum Feiern. Paul Kruger sei ein Vorläufer der Apartheid und ein Kämpfer für die weisse Vorherrschaft in Afrika gewesen. Er habe geglaubt, dass Weisse zum Herrschen und Schwarze zum Dienen bestimmt seien.

Es sei daher richtig, so betonte Fässler, «einen solchen Mann zu ent-ehren, indem man ihm seine Strasse wegnimmt».

Fässler erinnerte daran, dass das südafrikanische Apartheid-Regime «in der Schweiz gute und verlässliche Freunde» gehabt habe. Vor allem in den 1980er-Jahren seien die Beziehungen zwischen unserem Land und Pretoria intensiviert worden.

Mit militärischer Zusammenarbeit, Waffenproduktion und -handel, nuklearer Zusammenarbeit, Geheimdienstkontakten, Bankkrediten oder auch im Gold- und Diamantenhandel habe die Schweiz geholfen, internationale Sanktionen gegen die «weissen Herren am Kap ohne Hoffnung» zu unterlaufen.

Dem menschenverachtenden Regime in Südafrika Beihilfe geleistet hätten verschiedene grosse Schweizer Unternehmen.

Dazu gezählt hätten die Ems-Chemie, Nestlé, Sulzer, Schindler, Novartis, Oerlikon Contraves, Holcim und die Grossbanken Credit Suisse und UBS, listete Hans Fässler auf. Die Apartheid sei auch aus diesem Grund für die Schweiz weiterhin «ein hängiges Geschäft».

Namenstafel als Erinnerung
Stadträtin Elisabeth Beéry rollte noch einmal die Geschichte der Umbenennung der Krügerstrasse auf. Sie überreichte Solomon Tshivhula zur Erinnerung eine der Tafeln der ehemaligen Krügerstrasse.

Sie wird voraussichtlich in Südafrika in einem Museum zur Apartheid landen. Diese Absicht für die Verwendung des Geschenks deutete der Botschaftsrat nach dem Festakt im Gespräch mit Medienleuten an.