Appenzeller Zeitung vom 07.11.2005

Coton de Saint-Domingue

Hans Fässler las im Zellweger-Dorf Trogen aus seinem Buch über die Sklaverei und die Schweiz

Trogen. Der Kantonsschullehrer, «Teilzeithistoriker» und Kabarettist Hans Fässler hat mit Akribie die Bezüge der Schweiz in Sachen Sklaverei recherchiert und in einem Buch aufgearbeitet. Einer der 19 kapitelbildenden Orsttermine ist «9043 Trogen AR, Landsgemeindeplatz». Gestern las er im Obergerichtssaal aus «Reise in Schwarz-Weiss».

Hanspeter Strebel

Nur knapp zwei Wochen nach der Vernissage in St. Gallen organisierten die Kronengesellschaft und die Kantonsbibliothek gestern eine Matinee-Lesung mit dem Autor, der eben neuer Präsident der Trogner Kantonsschullehrkräfte geworden ist. Eine stattliche Zahl Interessierter fand sich im sinnträchtigen Obergerichtssaal in einem der Zellweger-Paläste am Landsgemeindeplatz ein. Es werde ein «aussergewöhnlicher Fall» behandelt, sagte Kronengesellschaftspräsident Walter Bührer in seiner Begrüssung. Und dies auf den Tag genau 144 Jahre, nachdem Abraham Lincoln die Sklaverei abgeschafft hatte.

Hans Fässler hat «dank der liberalen Haltung der Kantonsschule», wie er anerkennend vermerkte, seinen Bildungsurlaub für die Recherchen über die Schweizer Beteiligung an der Sklaverei eingesetzt, der allerdings nicht reichte, dauerte die Arbeit am äusserst präzise recherchierten, dokumentierten und hervorragend geschriebenen Buch und seinem kabarettistischen Vorläufer «Louverture stirbt 1830» doch fünf Jahre. Fässler las auch einen Teil des Trogner Kapitels, «Coton de Saint-Domingue», das ein Schlaglicht auf die reiche Handels- und Politikerfamilie Zellweger wirft, die von Sklaven produzierte «Kolonialwaren» einführten, vorab Baumwolle. Direkte Verwicklungen in die Sklaverei hat Fässler indes (noch) nicht nachweisen können. Kantonsbibliothekar Matthias Weishaupt würdigte die Arbeit des Historikers in einem bisher verkannten Thema als möglicher Anfang eines grossen Forschungsgebietes.

Hans Fässler, «Reise in Schwarz-Weiss», Rotpunktverlag, Zürich, 2005, ISBN 3-85869-303-0.