Schweizerischer, nicht SVP-Rassismus
(Lesebrief "Rassismus und Sklaverei" vom 14.12.05)

Peter Lieberherr hat natürlich völlig Recht: Man muss die Rassismus-Diskussion vom Toggenburg und der SVP lösen. Es gibt nämlich eine gut schweizerische Tradition des anti-schwarzen Rassismus, welche man bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen kann, als der Berner Reiseschriftsteller Albrecht Herport die Bewohnerinnen und Bewohner des Kaps als "hässliche Menschen mit wenig Vernunft" bezeichnete. Der Zürcher Pfarrer Johann Caspar Lavater verbreitete im 18. Jahrhundert in ganz Europa seine Auffassung, dass "der Schwarzafrikaner tierisch beschränkt doch geschickt im Kleinen" sei.

Seinen Höhepunkt erreichte dieser schweizerisch-grossbürgerliche Rassismus dann im 19. Jahrhundert. Der Berner Gelehrte Carl Ludwig von Haller rechtfertigte in seinem ins Französische und Italienische übersetzten Hauptwerk die Sklaverei als vernünftig und besonders im Interesse der versklavten Kinder. Louis Agassiz, der weltberühmte Schweizer Naturwissenschafter, verbreitete in den USA die Theorie, die Schwarzen gehörten nicht zur Menschheit und "die Erzeugung von Mischlingen" sei "eine ebensolche Sünde wider die Natur wie der Inzest in einer zivilisierten Gemeinschaft eine Sünde wider die Reinheit des Charakters". Der Genfer Reiseschriftsteller aus bester Familie, Henri de Saussure, befand die Schwarzen grundsätzlich für lächerlich, faul, sprachlich minderwertig und zu keiner wirtschaftlichen Leistung fähig. Carl Vogt, erster Rektor der Universität Genf, sah die Schwarzen "als Rasse im Ganzen unfähig, weiter vorzuschreiten" und verglich "Negerschädel" mit Affenschädeln und Idiotenschädeln. Der Ameisenforscher Auguste Forel, der vielen immer noch als grosser Gelehrter gilt, war davon überzeugt, dass es unmöglich sei, "aus den Negern eine Kulturrasse" zu machen und überlegte sich, wie man "die niedrigsten Rassen allmählich ausmerzen" könne. Der Zürcher Universitätslehrer und Politiker Johann Caspar Bluntschli war überzeugt, dass die "schwarze Rasse" auf der untersten Stufe der ganzen Menschheit stehe.

Im 20. Jahrhundert wurde diese rassistische Schweizer Tradition mit dem St.Galler Ernst Rüdin ("Bildungsunfähigkeit der Neger") und dem Zürcher Otto Schlaginhaufen ("der westafrikanische Neger als Mittelstellung zwischen Affe und Mensch») fortgeführt. Darüber wäre zu diskutieren und darüber wird anfangs 2006 diskutiert werden. SVP-Kantonsrat Roland Büchel hat nämlich endlich meine Aufforderung zur Debatte angenommen. Vielleicht wäre Peter Lieberherr noch ein möglicher Podiumsteilnehmer auf der Seite von Herrn Büchel. Ich freue mich auf diese wichtige Auseinandersetzung, welche dank freisinniger Vermittlung im Rheintal zustande kommt. Dank ausreichender Finanzmitteln, die ich als "Abzocker" dem Staat immer wieder abpresse, dank einem "geschützten Arbeitsplatz" und dank ausreichender Erholung in meinen "überlangen Ferien auf Haiti" werde ich an diesem Podium in Höchstform sein.


Hans Fässler
Cunzstr. 31
9016 St.Gallen