Namensstreit  |  20. September 2007

Kein Anlass zur Umtaufe

Agassizhorn soll seinen Namen behalten

Der Bundesrat sieht keinen Anlass, das Agassizhorn (3953 Meter) umzutaufen, wie dies eine Interpellation im Nationalrat mit dem Hinweis auf das rassistische Denken des Zoologen und Glaziologen Louis Agassiz (1807 bis 1873) gefordert hatte.

Nationalrat Carlo Sommaruga (SP/Genf) hatte mit seiner Interpellation eine vom St. Galler Historiker Hans Fässler unter dem Namen «Démonter Louis Agassiz» lancierte Kampagne aufgenommen. Diese rief in Erinnerung, dass der Neuenburger Gelehrte im Anschluss an sein wissenschaftliches Wirken in den Fachbereichen Zoologie und Glaziologie in der Schweiz nach seiner Auswanderung in die USA sich zum Rassisten wandelte, die Sklaverei befürwortete und zu einem wichtigen Vordenker der Apartheid wurde.

Mitte Juni dieses Jahres waren durch das erwähnte Komitee unter anderem auch die Gemeinden Fieschertal, Guttannen und Grindelwald – das Agassizhorn ist ein Dreiländereck – angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten worden (wir berichteten). So wurden die drei Gemeindepräsidenten persönlich angefragt, ob sie bereit wären, bei den zuständigen Stellen die Umbenennung des Berges in Rentryhorn zu unterstützen – benannt nach jenem Sklaven aus dem Kongo, den Agassiz auf einer Plantage in South Carolina (USA) fotografieren liess, um dessen Minderwertigkeit zu beweisen. Praktisch unisono kam die Antwort aus den drei Gemeinden: Man sehe eine Umtaufe nicht als gerechtfertigt an, sei doch Louis Agassiz dieser Gipfel zugestanden worden in Anerkennung seiner Verdienste als Glaziologe – wie anderen Pionieren der Alpenforschung zu jener Zeit auch.

 

Bestätigung aus Bern

Die drei Standortgemeinden sehen nun ihre Einschätzung auch durch die Stellungnahme des Bundesrates weitgehend bestätigt. In dessen, am vergangenen Freitag publizierter, Antwort auf die Interpellation Sommarugas verurteilte er zwar auch klar das rassistische Denken Agassiz. Die ihm zugestandene Auszeichnung basiere jedoch auf seinem Wirken als Naturforscher und stehe nicht im Widerspruch zu einer kritischen Auseinandersetzung mit seinen rassistischen Ansichten. Ansprechpartner für Namensgebungen oder -änderungen seien im Übrigen die Kantone und die Gemeinden. Einzig die Namensgebung der Dufourspitze durch den Bundesrat im Jahr 1883 bilde hier eine Ausnahme, da die vorherige Bezeichnung des mit 4634 Metern höchsten Gipfels der Schweiz im Rahmen der damaligen Kartierung lediglich «höchste Spitze» gelautet habe. – Ob sich der Initiant der Kampagne «Démonter Louis Agassiz», Hans Fässler, mit diesem Bescheid aus dem Bundeshaus abfinden wird, ist noch offen. Er war zu einer Stellungnahme bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.