Interpellation Doris Schmidhalter-Näfen, SPO (Ried-Brig):
(eingereicht in der Junisession des Walliser Grossen Rates)

Umbenennung Agassizhorn in "Rentyhorn"

Der Naturforscher Louis Agassiz, geboren am 28. Mai 1807 im freiburgischen Môtier, wird in der Schweiz und weltweit gewürdigt für seine naturwissenschaftlichen Arbeiten. Er machte in der Schweiz und dann in den USA Karriere als Zoologe, Paläonthologe, Glaziologe und Geologe. Er wurde international bekannt durch seine Arbeiten über die Eiszeiten und die Entwicklung der Gletscher sowie auf dem Gebiet der Zoologie. Eine Expedition ins Unteraargebiet benannte 1840 einen Berg an der Grenze Wallis/Bern nach ihrem Chef, dem damals noch jungen und nicht besonders berühmten Louis Agassiz: das Agassizhorn (3946 m.ü.M.).

Agassiz war auch ein bedeutender Rassist und ein Vordenker der Apartheid. In den USA vertrat Louis Agassiz in seinen pseudowissenschaftlichen Forschungen zur Bestimmung der menschlichen Rassen und zu ihrer Klassifizierung die These, Kontakte zwischen Schwarzen und Weissen müssten unterbunden werden; die Schwarzen – die durch den Sklavenhandel in die USA verschleppten Sklaven – sollten nur in den Südstaaten leben dürfen. Er war auch der Auffassung, sexuelle Beziehungen zwischen den Rassen müssten ebenso untersagt werden wie inzestuöse Beziehungen.

Die "Rassen"-Ideologie des Louis Agassiz enthält ebenfalls eine Vielzahl der Grundelemente, die später in die Rassenideologie der Nationalsozialisten eingegangen sind. Agassiz hat zwar niemanden getötet, aber er hat den Sklavenhaltern seiner Zeit ebenso wie Hitler und den Schlächtern von Soweto rassistische Argumente geliefert.

Bereits 2007 schlug das „Transatlantische Komitee“ die Umbenennung des Agassizhorns in "Rentyhorn" vor. Es will dadurch jenen Sklaven aus dem Kongo ehren, den Agassiz zusammen mit anderen fotografieren liess, um anhand dieser Fotos die Minderwertigkeit der Schwarzen zu beweisen.

Der Bundesrat hat bereits 2007 in seiner Antwort auf eine entsprechende Interpellation festgehalten, dass Louis Agassiz ein grosser Geologe und Zoologe war und dafür Anerkennung finde. Umgekehrt hält der Bundesrat fest, dass er dessen rassistisches Denken verurteile.

Im Jahr 2007 wollten die betroffenen Gemeinden Grindelwald, Guttannen und Fieschertal von einer Umbenennung des Agassizhorns in "Rentyhorn" nichts wissen. Sie fürchteten gar einen Imageschaden. Sie verteidigten einen toten Rassisten. Dabei würden sie besser farbige Gäste aus aller Welt begrüssen.

Es gilt, das gefälschte Geschichtsbild zu revidieren und die dunkle Seite der Schweizer Geschichte endlich aufzuarbeiten. Die rassistische Weltanschauung und Werte, die der Würde und Gleichheit aller Menschen widersprechen, sind mit dem Namen Louis Agassiz unlösbar verbunden. Es ist deshalb stossend, dass mitten im UNESCO-Naturerbe "Jungfrau-Aletschgebiet" ein Berg seinen Namen trägt.

Zur Kampagne "Démonter Louis Agassiz" wurde von einem Team von Historikern eine Ausstellung geschaffen. Diese war im Sommer 2012 in Grindelwald und 2013 auf dem Eggishorn zu Gast und ist aktuell und bis Oktober im KWO-Ausstellungsraum auf Grimsel Hospiz im Berner Oberland zu sehen, bevor sie im Herbst nach Teufen (AR) weiterzieht.


Wir stellen folgende Fragen an den Staatsrat:

Ist der Staatsrat auch der Meinung, dass sich mit dem Nachweis der Vordenkerrolle von Agassiz für die Rassentheorien der Nazis die Vorbedingungen gegenüber der Interpellation German Eyer vom Oktober 2007 grundlegend geändert haben?

Ist der Staatsrat ebenfalls der Meinung, dass der Name Louis Agassiz nicht nur für naturwissenschaftliche Leistungen steht, sondern auch für Rassismus, die gedankliche Vorbereitung der Apartheid, der Rassensegregation und rassistisch motivierter Gräueltaten?

Ist der Staatsrat bereit, mit den Bundesbehörden und den betroffenen Gemeinden in Sachen Umbenennung des Agassizhorns in "Rentyhorn" Gespräche aufzunehmen?

Ist der Staatsrat bereit, gegenüber den zuständigen Behörden, welche die Kompetenz haben, Umbenennungen von Berggipfeln vorzunehmen (siehe die Umbenennung des "Gornerhorns" bzw. der "Höchste Spitze" in "Dufourspitze" durch den Bundesrat im Jahre 1863), auf eine Umbenennung des Agassizhorn hinzuarbeiten?

Ist der Staatsrat auch der Meinung, dass mit der Umbenennung des Agassizhorns ein international beachtetes Zeichen gegen Rassismus und für Menschlichkeit gesetzt würde, das sich im Wallis und im Berner Oberland durchaus auch touristisch verwerten liesse?