ÜBRIGENS . . .

. . . kann der linke Kabarettist Hans Fässler (fast) nichts für Lob aus der falschen Ecke. Der gut freisinnige Werner Stauffacher, Generalsekretär des St. Galler Erziehungsdepartementes, hat sich offenbar dessen Jubiläumskabarett «Louverture stirbt 1803» zu Gemüte geführt und überschlägt sich nun vor Begeisterung: «Die kabarettistische Leistung ist sprachlich, musikalisch und dramaturgisch vom Feinsten, künstlerisch hoch stehend, massgeschneidert, provokativ bis frech.» Aber dass dieses Lob nun world wide im Netz herumschwirrt, dafür kann Fässler sehr viel. Via Mail lässt der Mittelschullehrer einen vielstimmigen Chor erklingen, in dem mehr oder weniger very important persons das Hohe Lied der Bewunderung singen.

Very important ist der Soziologieprofessor und leidenschaftliche Monologisierer Jean Ziegler. Er findet das Werk «ein ausserordentlich spannendes und für das Schweizer Kollektivbewusstsein heilsames Projekt». Wenn es denn ein Schweizer Kollektivbewusstsein gäbe, hätte der Professor ja Recht. Auch ein Bad Ragazer Schlagersänger kanns mit Genosse Hans und drückt seine Bewunderung schlagermässig schlicht aus: «Von Fässlers Programm war und bin ich total begeistert.» Aufgrund dieser Vorgänge darf man annehmen, dass der Bürgerschreck a.D. das revolutionäre Zeitalter verlassen hat und ins Zeitalter des Marketings eingetreten ist. Dass er die Strategien des Klassenfeindes abkupfert und verfeinert, geht aus linker Sicht in Ordnung. Wer altes St. Galler Bürgertum mit Blutgeld und Sklavenhandel in Verbindung bringt, nährt die Hoffnung auf ein neues revolutionäres Zeitalter. Auch die rechte Seite kann PR-mässig vom Polit-Rentner lernen: Immerhin bringt es Fässler fertig, eine bittere historische Pille so zu versüssen, dass sie auch dem Klassenfeind runterflutscht, ohne ihm im Hals stecken zu bleiben. - Es geht halt nichts über unfreiwillige Satire.

A.F.