Tagblatt vom 27.11.2001, Stadtkultur SG Eine Viertelstunde unter fremder Flagge Hans Fässlers kabarettistische Hissung von EU- und UNO-Fahnen am St.Galler Rathaus Die Stadt unter fremder Flagge: Zu kabarettistisch-fotografischen Zwecken wurden gestern die EU- und UNO-Fahnen hochgezogen. Marcel Elsener Sie hingen schlaff im Nieselregen, der Bär auf weissem, zwölf gelbe Sterne und ein Welt-Fadenkreuz auf blauem Grund: Die Flaggen der Stadt, der EU und der UNO, die um 10.15 Uhr auf dem Dachvorsprung des zweiten Rathaus-Stockwerkes gehisst wurden, dürfte indes niemand bemerkt haben. Ein Viertelstündchen, dann war der Spuk vorbei. Doch jenem, der das Ganze inszeniert hatte, genügten die paar Minuten für den Ausdruck verschmitzter Genugtuung. Hans Fässler ist die Ouvertüre zu seinem Kantonsjubiläums-Programm "L'Ouverture stirbt 2003" garament geglückt. Endlich durfte der Politkabarettist Flagge zeigen: Zwei Jahre lang hatte er dafür gekämpft. Eigentlich wollte er zur Erinnerung an die Napoleonsche Fremdherrschaft vor 200 Jahren an der Klosterkirche die Trikolore hissen. Doch der Bischof und alle Rekursinstanzen lehnten solche Nachstellung der Geschichte ab. Damit war die "Streitlust" des Protestanten geweckt. Fässler versuchte es mit der Sowjet-Flagge - Hammer und Sichel an der Pfalz. Und stiess erneut auf Unverständnis: "Ich unterschätzte die Symbolkraft der Flaggen." Blieben EU und UNO - und die Stadt. Zwar wurde dem Begehren schnell zugestimmt ("Was nicht überraschte, denn die Stadt ist von den drei Institutionen die liberalste"), doch auch hier brauchte es ein Wiedererwägungsgesuch nach New York. Dass die UNO-Fahnenhissung just im Hinblick auf die Abstimmung und zwei Tage nach der grimmigen SVP-Parolenfassung erfolgte, war ihm - drittes "Geständnis" - gar nicht recht. "Es geht klar um eine kabarettistische Aktion", betonte er, "und nicht um eine politische." Trotzdem sei er natürlich ein Befürworter des UNO- wie auch des EU-Beitritts. Fässler hatte gestern neben den Medien auch SVP-Vertreter eingeladen. Doch die, wackere Schweizer die sie sind, lehnten dankend ab. "Solche Kniefälle und Kriechereien vor fremden Fahnen sind mir zutiefst zuwider", schrieb einer. Ein anderer mahnte den Historiker, er "sollte wissen was passiert, wenn man fremde Hüte und Fahnen in der Schweiz hisst und gleich noch zum Grüssen aufgefordert wird". Und ein Dritter fasste zusammen: "Titel: Wenn die Dummheit am St. Galler Rathaus hängt. Inhalt: Keiner. Inszenierung: Hans Fässler. Zuschauer der SVP: keine. Erfolg: Null." Diese Einschätzung kommt allerdings reichlich verfrüht. Wie intelligent das Projekt ist, wird sich 2003 zeigen. Fahnen werde er - als Foto auf dem Hellraumprojektor oder auch echt - dabeihaben, verriet Fässler. Und wenns nur die "Green Green Flag Of Home" sei. |