Nach Haiti und zurück

Kabarettist Hans Fässler trat im ausverkauften Casinosaal in Herisau auf

Herisau. Was haben der haitianische Revolutionsführer Toussain Louverture, Verkehrskreisel, Mani Matters Hemmungen, Fluglärm und Ed Fagan gemeinsam? Es sind alles Eckpunkte in Hans Fässlers Kabarett-Programm «Louverture stirbt 1803».

DANIEL SCHERRER

Mit wenigen Worten führt Ivo Müller die Anwesenden in das Thema Sklaverei und die Rolle der Schweiz dabei ein. Dann begrüsst Hans Fässler als «Tele Oha»-Moderator der Show «XY-Chromosom, Kinder suchen ihre Eltern», das Publikum. Der Kandidat an diesem Abend ist ein 200-jähriger Herr S.G. aus CH. Das Thema ist klar: Kantonsjubiläum. Aber was hat das mit Louverture zu tun? Der erste Werbeblock für die «Bonaparte Harddisk» bringt erste Hintergrundinformationen. Und die Tagesschau mit Auslandskorrespondent Werner van Gent im Gegenwind zeigt, wie Sanktgaller Söldner im Namen Napoleons nach Haiti segelten, nur um dort elendiglich umzukommen beim Versuch, den Sklavenaufstand niederzuschlagen. Dabei wird allerdings der Anführer der Aufständischen, Toussaint Louverture gefangen und nach Frankreich gebracht, ins Fort de Joux nahe der Schweiz, wo er 1803 in seinem feuchten Verliess verreckt.


Skurrile Verbindungen

Während er diese Geschichte im Verlauf des Abends immer sichtbarer werden lässt, macht Hans Fässler überraschende Gedankensprünge und stellt skurrile Verbindungen her. So illustriert er zum Beispiel anhand des Verkehrskreisels den unseligen Dreieckshandel (Textilien in Afrika gegen Sklaven/Sklaven in Amerika gegen Rohwaren/Rohwaren in Europa gegen Textilien). Bei der Gelegenheit wird auch gleich dem Vertreter des Verbandes Schweizerischer Strassenbauer das Wort erteilt, der in breitestem Innerrhoder Dialekt die Eigenheiten und Schönheiten sanktgallischer und appenzellischer Kreisel kommentiert. Immer wieder nutzt Hans Fässler so Begriffe und Begebenheiten als Sprungbrett für einen Exkurs in kantonal-st.-gallische Ab- und Hintergründe.


Symbol für Freiheit

Am Ende ist einem ein bisschen Sturm im Kopf ob der rasanten Fahrt auf der satirischen Achterbahn. Das Hirn hinkt immer noch zwei, drei Minuten hinterher, entschlüsselt noch diesen und jenen Zusammenhang, entdeckt in der Rückschau noch eine Pointe, noch ein Sprachspiel. Nach gut neunzig Minuten Programm haben die Zuschauer eine Extraportion bester Unterhaltung genossen und der Pädagoge Hans Fässler sein Ziel erreicht: Louverture ist fest im Gedächtnis verankert, als Symbol für den unerschütterlichen Glauben an das Recht auf Freiheit und gegen Sklaverei, Ausbeutung und Unterdrückung - politisches Kabarett vom Feinsten, das einen trotz des ernsten Themas herzlich lachen lässt.


Ivo Müller unterstützen

Im Rahmen einer ganzen Veranstaltungs-Reihe unterstützen Kulturschaffende aus der Region den SP-Nationalratskandidaten Ivo Müller in seinem Wahlkampf. Hans Fässler machte den Auftakt, «musikalische Müllereien» folgen am Donnerstag, 4. September ab 20 Uhr im Lindensaal Teufen. (pd)


[Appenzeller Zeitung vom 28. August 2003]