Interpellation 07.3486:
Louis Agassiz vom Sockel holen und dem Sklaven Renty die Würde zurückgeben

Eingereicht von Sommaruga Carlo am 22.06.2007

Eingereichter Text

Ich stelle dem Bundesrat folgende Fragen:
1. Ist er ebenfalls der Auffassung, dass Louis Agassiz in seinen Untersuchungen über das Menschengeschlecht rassistische Anschauungen und Wertungen entwickelt hat?
2. Teilt er die Meinung, dass solche Wertungen mit der Bundesverfassung unvereinbar sind?
3. Ist er angesichts der mit dem Namen Louis Agassiz verbundenen Schande bereit, das "Denkmal" Agassizhorn zu demontieren? Wenn nicht, warum?
4. Ist er bereit, diesen Berggipfel per Bundesratsbeschluss neu als "Rentyhorn" zu bezeichnen, wie dies 1863 mit der Umbenennung der "Höchsten Spitze" in "Dufourspitze" geschehen ist? Wenn nicht, warum?

Begründung

Während des ganzen Jahres 2007 wird der Naturforscher Louis Agassiz, geboren am 28. Mai 1807 im freiburgischen Môtier, in der Schweiz und weltweit für seine naturwissenschaftlichen Arbeiten gefeiert. Vor allem seine Arbeiten über die Eiszeiten und die Entwicklung der Gletscher sowie auf dem Gebiet der Zoologie haben ihn international bekannt gemacht.

Wie nun aber vor allem der Historiker Hans Fässler in seinem Buch "Reise in Schwarz-Weiss. Schweizer Ortstermine in Sachen Sklaverei" gezeigt hat, hat sich Louis Agassiz auch als namhafter Rassist und ideologischer Vorläufer der Apartheid hervorgetan. Er hat eine rassistische "Rangfolge" der Menschheit entwickelt und sogar die Frage aufgeworfen, ob Schwarze überhaupt Teil der Menschheit seien.

In den USA vertrat Louis Agassiz in seinen pseudowissenschaftlichen Forschungen zur Bestimmung der menschlichen Rassen und zu ihrer Klassifizierung die These, Kontakte zwischen Schwarzen und Weissen müssten unterbunden werden; die Schwarzen - die durch den Sklavenhandel in die USA verschleppten Sklaven - sollten nur in den Südstaaten leben dürfen. Er war auch der Auffassung, sexuelle Beziehungen zwischen den Rassen müssten ebenso untersagt werden wie inzestuöse Beziehungen.

Eine rassistische Weltanschauung und Werte, die der Würde und Gleichheit aller Menschen, wie sie unsere Bundesverfassung vertritt, widersprechen, sind also mit dem Namen Louis Agassiz unlösbar verbunden.
Deshalb gereicht es der Schweiz zur Schande, wenn dieser Name noch als Ehrenname aufrechterhalten wird. Es gibt keinen Grund dafür, dass ein Alpengipfel Agassiz' Namen tragen darf. Ja, mehr noch: Im Sinne einer moralischen Wiedergutmachung des an den Sklaven insgesamt begangenen Unrechts, indem man sie zu Opfern einer rassistischen Ideologie machte, aber auch des Fehlverhaltens von Schweizern in den Zeiten des Sklavenhandels rechtfertigt es sich, den Sklaven Renty zu ehren. Dieser wurde aus dem Kongo auf eine Sklavenhalter-Plantage in South Carolina verschleppt, und Agassiz liess von ihm ein Foto anfertigen als "wissenschaftlichen" Beweis für die Minderwertigkeit der "schwarzen Rasse". Diesem Sklaven Renty zu Ehren soll das Agassizhorn in Rentyhorn umbenannt werden.