Nationalrat - Wintersession 2003, 16.12.2003
Interpellation Hollenstein Pia. Schweizer Beteiligung an Sklaverei und transatlantischem Handel mit Sklavinnen und Sklaven

Einreichungsdatum 03.03.03

Erklärung Urheberin/Urheber: teilweise befriedigt

Hollenstein Pia (G, SG): Ich danke dem Bundesrat für die Beantwortung meiner Fragen. Ich bin froh, dass der Bundesrat Bereitschaft signalisiert, die Aufarbeitung der Vergangenheit betreffend die Schweizer Beteiligung an der Sklaverei zu unterstützen. Mit Blick auf die afrikanische, karibische und US-amerikanische Diskussion ist die Aufarbeitung ja auch tatsächlich notwendig.

Noch einige Fragen und Bemerkungen zu den Antworten vom Juni dieses Jahres:
Zur Frage 1: Der Bundesrat sagt, dass die Tatsache bekannt gewesen sei, dass verschiedene Schweizer Bürger mehr oder weniger stark am transatlantischen Sklavenhandel beteiligt gewesen seien. War das wirklich auch dem Bundesrat bekannt? Das frage ich mich. Denn wenn das zutrifft, warum kann dann ein führender Schweizer Diplomat im Zusammenhang mit Durban feststellen, die Schweiz habe mit Sklaverei, Sklavenhandel und Kolonialismus nichts zu tun gehabt? Noch im Jahr 2002 schreibt die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus: "La Suisse n'a été ni une puissance coloniale, ni participé à l'esclavage." Wie kommt sie dazu, solche Sätze - offizielle Sätze - zu verbreiten, wenn dem Bundesrat bekannt war, dass eben auch die Schweiz beteiligt gewesen war?

Noch eine kritische Bemerkung zur Aussage, dass die Schweiz keine Kolonialmacht gewesen sei: Die entscheidende Frage ist nicht, ob die Schweiz eine Kolonialmacht war, sondern ob sie am gesamteuropäischen ökonomischen System der Ausbeutung Afrikas und der Neuen Welt durch Sklavenhandel, Plantagenwirtschaft und Kolonialwarenhandel partizipiert hat und davon profitiert hat.

Zur Frage 2: Der Bundesrat sagt, dass die Thematik auf internationaler Ebene, zusammen mit der Zivilgesellschaft, behandelt werden müsse. Es ist aber so, dass gerade die Geschichte der historischen Aufarbeitung der Sklaverei und des Sklavenhandels zeigt, dass dies am besten auf nationaler Ebene geschieht, weil hier die Fragestellungen gemacht werden und die Kompetenz der Forschenden und die Archivzugänge vorhanden sind. So hat eben England vor allem die englische, Frankreich die französische Verwicklung aufgearbeitet, und Holland ist dabei, die holländische zu untersuchen. Erst wenn genügend nationale Studien vorliegen - die selbstverständlich auch international, das heisst in ausländischen Archiven erarbeitet werden -, erst dann kann man an eine europäische Gesamtschau herangehen.

Aus diesem Verständnis heraus trägt die Schweiz ja auch in Durban die Erklärung und das Aktionsprogramm der Weltkonferenz gegen Rassismus mit, welche hervorheben, dass Sklaverei und Sklavenhandel, Apartheid und Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, Erscheinungsformen von Rassismus und wichtige Ursachen für Rassismus sind. Die Durban-Konferenz brachte klar zum Ausdruck, dass das in der Zeit des Kolonialismus und der Sklaverei begangene Unrecht kritisch aufgearbeitet werden muss.

Zur Frage 3: Es ist erfreulich, dass der Bundesrat bereit ist , die politisch notwendige Aufarbeitung der Vergangenheit in diesem Gebiet zu unterstützen. Ich danke dem Bundesrat dafür. Ich danke Ihnen, Frau Bundesrätin Calmy-Rey, dass Sie am Thema bleiben.


Calmy-Rey Micheline, conseillère fédérale: Le Conseil fédéral regrette que des citoyens suisses aient pu être impliqués dans le commerce des esclaves, mais rappelle que la Suisse n'a pas été une puissance coloniale et n'a pas été impliquée dans ce commerce. La Suisse s'est exprimée à plusieurs reprises sur la nécessité de se confronter d'une manière critique avec les injustices commises à l'époque du colonialisme et de l'esclavage. Le Conseil fédéral est d'avis que les différents aspects de ces questions doivent être traités au niveau international, en incluant la participation de la société civile. Pour ce traitement, les instruments usuels de la promotion de la recherche scientifique sont à disposition.

Au niveau national, la Suisse a engagé des moyens personnels et financiers pour la mise en oeuvre du Programme d'action de la Conférence mondiale contre le racisme, notamment au travers du Fonds de projet contre le racisme et en faveur des droits de l'homme. La question des indemnisations et réparations est un point de tension vif entre les anciennes colonies et les anciennes puissances coloniales. La Suisse s'emploie à trouver des positions de médiation dans les forums internationaux où cette question est traitée, principalement la Commission des droits de l'homme des Nations Unies, afin de faciliter l'émergence d'une solution satisfaisante pour tous.

Enfin, concernant la question de Madame Hollenstein: la Suisse était-elle au courant? Je crois, Madame Hollenstein, qu'il faut interpréter la phrase en question d'une façon un peu différente et faire la distinction entre la Suisse officielle d'une part et les Suissesses et les Suisses d'autre part. S'il y a des individus qui ont été impliqués dans les affaires d'esclavage, la Suisse officielle n'était à l'évidence pas une puissance coloniale qui pratiquait ou protégeait le commerce de l'esclavage avec des puissances politiques ou militaires.